Schneeflockenmethode
Eine einzelne Szene, ein Satz oder ein Gegenstand – irgendetwas hat sich in deinem Kopf festgesetzt, aber wie du daraus eine ganze Geschichte entwickeln sollst, ist dir unklar?
Dann empfehlen wir die Schneeflockenmethode!
Diese Methode ist vor allem für Autoren geeignet, die unsicher sind, wie sie aus einer Idee einen ganzen Roman kreieren sollen. Für die ersten vier Schritte bieten wir dir auch ein praktisches Arbeitsblatt zum kostenlosen Download an.
1. Schritt: Deine Geschichte in einem Satz
Fasse deine Geschichte in einem einzigen Satz zusammen, um die Kernaussage festzuhalten. Entweder beantwortest du hier die wichtigsten Fragen oder du formulierst eine Prämisse (also den Grundgedanken deiner Storyline wie beispielsweise: „Eine Zauberschule, die in unserer Welt existiert und ein Waisenjunge, der dem Mörder seiner Eltern gegenübertreten muss“).
Das ist ein sehr schwieriger Schritt, der einiges an Übung erfordert. Am besten schreibst du dir diesen Satz auf einen Zettel und hängst ihn dir über den Schreibtisch, um ihn dir während des Schreibprozesses immer wieder in Erinnerung zu rufen.
2. Schritt: Aus eins mach fünf
Im nächsten Schritt erweiterst du deine Geschichte auf fünf Sätze: formuliere den Anfang, die erste Katastrophe, die Zweite, die Dritte und den Schluss. Bei einer Katastrophe handelt es sich um eine Situation, die den Protagonisten ins Chaos stürzt. Während für die erste Katastrophe noch ein Zufall erlaubt ist, sollten die anderen aus der Geschichte hervorgehen. Der Protagonist gerät immer tiefer ins Unglück, selbstverschuldet oder vom Antagonisten getrieben. Wichtig ist auch, dass der Protagonist stets versucht, diese Katastrophen zu verhindern und damit alles noch schlimmer macht.
3. Schritt: Ohne Figuren keine Geschichte
Bisher hast du den Plot aus der Sicht des Autors betrachtet, also wird es Zeit für einen kleinen Perspektivenwechsel: beschreibe die gesamte Storyline aus der Sicht der Figur in einem Satz. Zusätzlich überlegst du dir, aus welchen Motiven heraus der Protagonist handelt, wieso er sein Ziel nicht erreichen kann und welches Wissen er am Ende der Geschichte gewonnen hat.
Sobald das alles steht, prüfst du, ob deine Figuren noch zu deiner Inhaltsangabe aus Schritt zwei passen. Falls nicht, passt du eines von beidem an.
4. Schritt: Fünf mal fünf
Jetzt widmest du dich der Ausgestaltung deiner Geschichte. Schnappe dir die fünf Sätze aus Schritt 2. Aus jedem Satz werden nun fünf Sätze. Das gibt dir die Möglichkeit, deine Katastrophen genauer auszugestalten und dich eingehender mit dem Inhalt zu beschäftigen.
Download
Für die ersten vier Schritte der Schneeflockenmethode bieten wir dir ein Arbeitsblatt an, mit dem du dich in die Methode einarbeiten kannst.
Für die letzten Schritte empfehlen wir ein eigenes Notizbuch oder einen Ordner.
5. Schritt: Charaktere wollen mehr
Bisher hast du die Geschichte aus der Sicht der Figuren in einem Satz zusammengefasst. Auch diese Zusammenfassung erweiterst du nun, sodass der Handlungsverlauf aus der subjektiven Sicht des Charakters geschildert wird.
Der Entwickler dieser Methode, Randy Ingermanson, ein US-amerikanischer Physiker und Schriftsteller, empfiehlt, den Hauptcharakteren eine Seite und jedem wichtigen Nebencharakter eine halbe Seite zu widmen.
6. Schritt: Von einem Satz zu vier Seiten
Nachdem du deine fünf Sätze bereits auf 25 erweitert hast, baust du diese zu einer vierseitigen Beschreibung aus. Mache dir Gedanken darüber, wie du die Teile verbindest, plane genauer ins Detail und prüfe, ob auch in der langen Fassung alles einen Sinn ergibt. Falls nicht, werden die Schritte 1 – 5 solange wiederholt, bis alles stimmig ist.
7. Schritt: Charaktersteckbriefe
Im siebten Schritt werden die Charaktere noch einmal genauer unter die Lupe genommen. Dieses Mal allerdings abseits der Geschichte (zumindest zu einem gewissen Teil): die Figuren erhalten eine Biografie, ein Aussehen, ein soziales Umfeld.
(Kleiner Tipp: im Download-Bereich findest du Charakterbögen)
8. Jede Szene muss sitzen
Nach dem achten Schritt wirst du beim Schreiben voraussichtlich keinerlei Plotprobleme mehr haben, denn jetzt erstellst du dir eine Tabelle, in der du sämtliche Szenen festhältst. Die ausführliche Zusammenfassung hast du bereits, jetzt wird diese noch kleinteiliger.
Jede Szene erhält eine eigene Zeile mit mehreren Spalten: Ort, Tageszeit, Perspektive, Inhalt.
Überlege dir genau, wie du deine Geschichte erzählen möchtest und halte alles so detailliert wie möglich fest. So erkennst du auch, ob der zeitliche Ablauf stimmig ist.
Ein Roman besteht ungefähr aus 100 Szenen – aber der Aufwand lohnt sich!
9. Das optionale Analysieren
Dies ist ein Schritt, den Ingermanson heute nicht mehr durchführt, der ihm aber zu Beginn seiner Schriftstellerkarriere sehr geholfen hat.
Jede einzelne Szene wird geprüft und in einem Satz zusammengefasst. So entsteht am Ende eine circa fünfzigseitige Zusammenfassung, mit der sich optimal arbeiten lässt. Durch diese Zusammenfassung wird noch einmal die Logik der Geschichte geprüft.
10. Und jetzt: schreiben!
Mit so viel Vorarbeit ist es quasi unmöglich, mit der Geschichte in einer Sackgasse zu landen. Im letzten Schritt der Schneeflockenmethode geht es an das Papier oder den Computer und man beginnt, Szene für Szene auszuformulieren.
Da man sich nicht mehr auf die Stimmigkeit des Plots konzentrieren muss, kann man viel besser einzelne Wörter abwiegen, auf Satzmelodien achten und sich komplett der sprachlichen Ausgestaltung widmen.